Der Familienmanager

Karin May definiert Eigenschaften, Fähigkeiten und Aufgaben der Person, die sich um das Management der Inhaberfamilie kümmert.

Karin May

 

I. Einführung

Die eigenständige Rolle des Familienmanagers1, der den Zusammenhalt der Familie mit dem Unternehmen sichert, hat sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt.2 In früheren Generationen war es eine der wesentlichen Aufgaben des Firmeninhabers und Patriarchen und/oder dessen Ehepartner, neben dem Unternehmen auch die Familie „zu führen“. Die Entscheidung, welchen Berufsweg die nächste Generation einschlagen sollte, wer Anteile erben dürfte, wann die Nach- folge stattfinden würde – dies und vieles mehr lag in deren Hand. Identifikation mit dem und Begeisterung für das Unternehmen wurden eingefordert, wenn nicht gar vorausgesetzt. Das Unternehmen saß quasi wie das Kind, das die meiste Aufmerksamkeit braucht, mit am Familientisch.3 Nicht selten wurde Familienmitgliedern, die nicht im Familienunternehmen tätig waren, sondern anderen Berufen nachgingen, offen oder unterschwellig der Respekt verweigert.

Wie anders stellt sich die Situation heute dar: Nicht nur, dass in der Regel der autoritäre Führungsstil in den Familien einem demokratischen Miteinander gewichen ist: In vielen Familien soll sich die nächste Generation in ihrem eigenen Beruf verwirklichen und „glücklich werden“. Pluralität im Gesellschafterkreis ist die Regel und nicht die Ausnahme – und will gemanagt werden. Kompetenz der Gesellschafter ist gefragt und gewünscht. Und im Idealfall wird der Zeitpunkt der Nachfolge zwischen den Generationen ausgehandelt. Diese Prozesse innerhalb der Familie zu moderieren, die Ergebnisse zu kanalisieren und die Brücke zum Unternehmen zu schlagen – dies sind zentrale Aufgaben in einem modern geführten Familienunternehmen. Es macht Sinn, diese Aufgaben einem Familienmitglied zu übertragen, dem die anderen vertrauen.4

Die formelle Rolle eines Familienmanagers zu schaffen und zu besetzen, sollte allerdings nicht vorschnell erfolgen, oder sogar nur, weil man einen „Posten“ für ein Familienmitglied sucht. Sinnvollerweise setzt sich die Familie in einem gemeinsamen Prozess (etwa im Rahmen einer Inhaberstrategie) mit den nachfolgenden Fragen auseinander:

  • Brauchen wir wirklich einen Familienmanager?
  • Was können die Aufgaben eines Familienmanagers in unserer Familie sein und wie kann dieser sie umsetzen?
  • Wie soll das Familienmanagement organisiert sein?
  • Welches Anforderungsprofil wollen wir für unseren Familienmanager?
  • Wie sollen Wahl und Vergütung geregelt sein?

 

II. Welche Familie braucht einen Familienmanager?

Auch wenn es in jeder Inhaberfamilie eine oder mehrere Personen geben sollte, die sich für den Zusammenhalt in der Familie verantwortlich fühlen – nicht jede Familie muss dafür das Amt eines Familienmanagers einrichten. Gibt es in der Familie eine Vertrauensperson, die sich informell um die oben dargestellten Aufgaben kümmert und wird dies von allen Beteiligten akzeptiert, dann mag dies ausreichen. Ansonsten zeigt die Erfahrung, dass es bei einer wachsenden Anzahl von Gesellschaftern, mit steigender Zersplitterung der Anteile und zunehmender Pluralität der Interessen sinnvoll ist, jemanden formell mit der Aufgabe zu betreuen, die Bindung der Familienmitglieder untereinander und zum Unternehmen zu stärken.5 Dies ist auch bei einem kleinen Gesellschafterkreis zu empfehlen, sobald die Fliehkräfte in der Familie größer werden und bevor es zu gefährlichen „Sprengstofffallen“6 kommt.

Hat der Gesellschafterkreis eine gewisse Größe erreicht oder sollen viele Themen im Familienmanagement bearbeitet werden, ist es ratsam, ein Gremium mit der Aufgabe zu betreuen, die Familie professionell zu managen. Ein solcher Familienrat nimmt dieselben Aufgaben wie ein Familienmanager wahr, allerdings mit verteilten Aufgaben in größerem Kreis ähnlich wie die Geschäftsführung bzw. der Vor stand auf der Seite des Unternehmens.


III. Die Aufgaben eines Familienmanagers

Die Bindung der Familie an das Unternehmen stärken kann ein Familienmanager nur, wenn er in der Lage ist, das Familienunternehmen in seiner Gesamtheit im Auge zu haben. Seine typischen Aufgaben leiten sich demnach aus den Interessen der Familie einerseits und denen des Unternehmens andererseits ab:

  • Das Unternehmen braucht eine Familie, die sich mit ihm identifiziert. Daraus zieht es seine Stärke. Diese Identifikation herzustellen, im besten Sinne für das Unternehmen zu begeistern, ist eine der Hauptaufgaben des Familienmanagers.
  • Um professionelle Entscheidungen zu treffen, ist es wichtig, dass die Entscheidungsträger – die Gesellschafter – eine ausreichende Entscheidungskompetenz aufweisen. Dafür braucht es gut ausgebildete Gesellschafter, die ausreichend über das Unternehmen informiert sind. Eine Family Education zu organisieren, sollte ein zentrales Betätigungsfeld des Familienmanagers sein.
  • Der Beste soll möglichst die Nachfolge antreten. Dafür müssen die Begabungen in der nächsten Generation entdeckt und gefördert werden. Voraussetzung dafür ist neben einer hervorragenden Ausbildung der gesunde und faire Wettbewerb zwischen den Interessierten der Folgegeneration. Dass diese Unterstützung durch einen Familienmanager für alle organisiert wird und nicht nur in der Hand der Eltern liegt, fördert den Familienfrieden ebenso wie Transparenz und Vorhersehbarkeit im Verfahren der Nachfolge. Viele Familienmanager verstehen sich als Brücke zwischen den Generationen, als Ansprechpartner neben den Eltern, als die Person, die sich mit der nächsten Generation auseinandersetzt und sie auf ihrem Weg begleitet.
  • Die Familienmitglieder sollten einen guten Umgang miteinander pflegen, mit Meinungsverschiedenheiten umgehen können, bei Streitigkeiten deeskalieren. Daher benötigen sie Regeln für gute Kommunikation und den Umgang mit Konflikten, aber auch jemanden, der für die Einhaltung dieser Regeln Sorge trägt.
  • Einige Familien bündeln ihre sozialen Aktivitäten (Family Philantrophy) und möchten, dass dies durch den Familienmanager koordiniert wird.
  • Aufsicht und Kontrolle über das Familiy Office können vom Familienmanager wahrgenommen werden.

Auf welche Art und Weise der Familienmanager im Einzelnen seine Aufgaben wahrnehmen kann,7 zeigt die nachfolgende Übersicht:

IV. Der Inhalt der Arbeit eines Familienmanagers

Inhaltlich stellen die in der Familie und im Unternehmen geltenden Werte und Ziele sowie die Regelungen der Familienverfassung den Rahmen für die Arbeit des Familienmanagers dar.8 Will die Familie etwa eine große Nähe zueinander und zum Unternehmen, dann ist es seine Aufgabe, gemeinsame Veranstaltungen zu organisieren oder organisieren zu lassen, die diese Nähe fördern. Stellt eine Familie Internationalität in den Vordergrund, leben etwa die Familienmitglieder über viele Länder oder Kontinente verstreut, dann sind Projekte wie ein Family Intranet von besonderer Wichtigkeit, um die Bindung der Familienmitglieder untereinander und zum Unternehmen sicherzustellen.

Der Familienmanager fördert und belebt mit seiner Arbeit die in der Unternehmerfamilie gelebte Kultur. Auch hier orientiert er sich an den Vorgaben der Familie. Um Beispiele zu nennen: Eine Unternehmerfamilie, die sich gemeinsam als „lernende Familie“ definiert, wird in den gemeinsamen Veranstaltungen den Schwer- punkt eher auf eine Family Education legen. Andere Unternehmerfamilien – bei denen etwa Gesellschafter eine größere Gruppe der Nicht-Gesellschafter integrieren möchten – wünschen gemeinsame Veranstaltungen mit hohem Erlebniswert und vielleicht eine von den Gesellschaftern separat wahrgenommene Weiterbildung. Diesen Anforderungen entsprechend sollte der Familienmanager seine Aufgaben wahrnehmen.

 

V. Organisation des Familienmanagements


1. Professionelle Strukturen

Für die Organisation des Familienmanagements sind verschiedene Modelle denk- bar. Dabei gilt: Je anspruchsvoller der Aufgabenkatalog des Familienmanagers ist, desto professioneller sollte die Organisation sein, derer sich der Familienmanager bedienen kann. In einem Familienunternehmen mit überschaubarem Gesellschafterkreis und kleinerem Aufgabenkatalog mag es möglich sein, dieses Amt „so nebenher“ auszufüllen. Sobald aber die Aufgaben komplexer werden, sollte die Familie dem Rechnung tragen und auch für das Managen der Familie eine professionelle Struktur aufbauen.

Der Familienmanager verfügt also im Idealfall über ein eigenes Büro im Unternehmen, nutzt die dortigen Besprechungsräume und kann zumindest auf ein Sekretariat im Unternehmen zurückgreifen. Bei umfassenderen Aufgaben sollte er ein eigenes Mitarbeiterteam haben, mit dem er etwa auch Aufgaben wie die Koordination der Family Philanthropy oder die Aufsicht über das Family Office wahrnehmen kann.

 

2. Familienmanagement im Team

In vielen Familien nehmen verschiedene Familienmitglieder rotierend die konkrete Organisation einzelner Veranstaltungen wahr. Durch dieses Engagement bringen sie ihr Commitment mit dem Unternehmen zum Ausdruck, gleichzeitig entlastet diese Aufgabenteilung den Familienmanager. In diesem Fall koordiniert der Familienmanager die Veranstaltungen und unterstützt das oder die direkt verantwortlichen Familienmitglieder bei den von ihnen übernommenen Aufgaben.

 

3. Familienrat

Große Familienunternehmen mit vielen Gesellschaftern sollten einen Familienrat wählen, der die Aufgabe des Managements der Familie mit verteilten Rollen übernimmt.9 Der Familienrat setzt sich aus mehreren Familienmitgliedern zusammen, die sich in Kompetenz und Qualifikation ergänzen sollten. Er gibt sich wie die anderen Gremien im Familienunternehmen eine Geschäftsordnung, in der Tagungs- häufigkeit, Aufgabenverteilung etc. festgelegt werden, und wählt in der Regel einen Vorsitzenden. Der Familienrat sollte mindestens zweimal im Jahr tagen.

 

VI. Das Anforderungsprofil für den Familienmanager


1. Anspruch aus dem Verständnis der Rolle heraus

Das Anforderungsprofil für einen Familienmanager richtet sich grundsätzlich nach dem Aufgabenkatalog, für den er zuständig ist. Einer Herausforderung muss sich allerdings jeder Familienmanager stellen: Er bewegt sich ständig im Spannungsfeld der Systeme Familie und Unternehmen, sollte also über ein Grundverständnis für das Unternehmen und die Familie verfügen, und er sollte dieses Spannungsfeld (gerne) aushalten. Nur so kann er auf Dauer eine Brücke zwischen diesen beiden Systemen herstellen.10

Außerdem sollte der Familienmanager – im Grundsatz vergleichbar mit einem geschäftsführenden Gesellschafter – über Führungsqualitäten und ein gewisses Organisationstalent verfügen. Die Erfahrung zeigt, dass Familien, die diese Anforderungen an den Familienmanager nicht stellen, unzufrieden und ablehnend auf das Familienmanagement reagieren, sodass sich ein konstruktiver Ansatz in sein Gegenteil verkehrt.

 

2. Fachliche Qualifikation

Ein Familienmanager sollte folglich eine möglichst hohe fachliche Qualifikation aufweisen.11 Es müssen Mindestanforderungen erfüllt werden, wobei die Anforderungen nicht so hoch angesetzt werden dürfen, dass es für die meisten Gesellschafter aussichtslos wäre, sich für das Amt des Familienmanagers zu bewerben:12

a) Grundkenntnisse in den für das Unternehmen wesentlichen Themen
Der Familienmanager sollte wesentliche Eckdaten des Unternehmens kennen (oder im Rahmen seines Amts sehr schnell kennen lernen können), d.h. er sollte über ein grundsätzliches Wissen bezüglich der Produkte und der Standorte verfügen, Geschäftsführung und Beirat kennen, die Bilanz und die wesentlichen strategischen Weichenstellungen verstehen. Dies ist wichtig, um der Familie das Unternehmen transparent machen zu können. Es hilft auch, Fragen aus dem Gesellschafterkreis in die richtige Richtung bzw. zu den richtigen Ansprechpartnern zu lenken.

b) Grundkenntnisse in Kommunikation und Konfliktmanagement
Allein „kommunikativ“13 zu sein, reicht für die Wahrnehmung der Aufgabe des Familienmanagers nicht aus. Da viele Themen in Familienunternehmen konfliktträchtig sind, neigen Unternehmerfamilien oft dazu, aus Angst vor Konflikten die kritischen Themen „unter den Teppich zu kehren“. Im Extremfall bewegt sich der Familienmanager in einem „Minenfeld“ zwischen Menschen, die die schwierige Kommunikation einer Vorgängergeneration fortsetzen. Konflikte gehören aber zum Unternehmensalltag – sie fördern die für das Unternehmen notwendige Weiterentwicklung.14 Es gilt also, ein Bewusstsein für gute Kommunikation zu entwickeln und eine Veränderung der Gesprächskultur zu bewirken.

Aber auch in Familien, in denen die Mitglieder gut miteinander im Gespräch sind, ist das Risiko von Missverständnissen hoch. Es macht daher Sinn, mit einer (wachsenden) Familie etwa Spielregeln für eine gute Kommunikation zu erarbeiten, statt Harmonie eine Streitkultur einzufordern oder den Gesellschaftern bewusst zu machen, dass sie gemäß ihrer jeweiligen Rolle – zum Beispiel als Bruder oder als Geschäftsführer – unterschiedlich kommunizieren. Außerdem hilft es, wenn es Regeln für den Konfliktfall gibt. Der Familienmanager sollte qualifiziert sein, diese Themen – auch mit Hilfe von Trainern – in die Familie einzubringen sowie Verbesserungen der Kommunikationskultur einzufordern und zu begleiten.

Dass der Familienmanager einen Konfliktfall selbst moderiert, also in die Rolle eines Mediators oder Schlichters tritt, mag bei unbedeutenden Themen oder bei einer geringen Konflikteskalation noch Sinn machen. Bei grundlegenden oder hoch eskalierten Konflikten empfiehlt sich dagegen die Überleitung der Gespräche auf einen Dritten – sei es auf den Beirat, sei es auf einen professionellen Mediator oder Schlichter. Denn der Familienmanager ist als Familienmitglied immer auch „Teil des Spiels“ und damit als Streitschlichter im Grunde ungeeignet.15

c) Besondere Kenntnisse bei Family Philantrophy und Family Office
Übernimmt der Familienmanager Aufgaben im Bereich der Family Philantrophy, erfordert dies zum einen Interesse und Verständnis für die vom Unternehmen unterstützten Projekte. Zum anderen sollte er über wirtschaftliche Grundkenntnisse verfügen, um für die Familie eine ausreichende Kontrolle auszuüben. Ist dem Familienmanager das Family Office unterstellt, benötigt er dementsprechend Kenntnisse in der Vermögensverwaltung.

d) Organisatorische Fähigkeiten
Der Familienmanager sollte, um die vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können, grundsätzlich über organisatorische Fähigkeiten verfügen. Diese erweisen sich schon dann als hilfreich, wenn er „nur“ Familienevents veranstaltet. Um die Information und Kommunikation innerhalb der Familie bis hin zur Family Education zu organisieren, muss der Familienmanager aber auch entsprechende Organisationsstrukturen schaffen und mit Leben füllen können.

Sobald der Familienmanager mit mehreren Familienmitgliedern zusammenarbeitet, sollte er teamfähig sein, die anderen mit einbinden, ihre Kompetenzen nutzen. Ist er für einen oder mehrere Mitarbeiter verantwortlich, dann sind klassische Managementkompetenzen wie Führung, Delegation oder Motivation von Mitarbeitern erforderlich.

e) Persönliche Qualifikation
Familienmanager müssen nicht selbst Anteile am Familienunternehmen besitzen. Sie sollten aber Mitglieder der Unternehmerfamilie sein und auf das Vertrauen möglichst vieler Familienmitglieder zählen können. Eine Altersgrenze kann zwischen 65 und 75 Jahren gezogen werden.16 Von der Wahl zu junger Familienmitglieder ist wegen ihrer fehlenden Erfahrung in der Regel abzuraten.

Entscheidend ist, dass der Familienmanager – neben einer integren Persönlichkeit – über eine hohe soziale und emotionale Kompetenz17 verfügt. Er muss verbinden, nicht polarisieren. In diesem Sinne kompetent für das Amt eines Familienmanagers erscheint jemand, der sich mit den wesentlichen der nachfolgend aufgeführten Verhaltensweisen und Prinzipien identifiziert und diese glaubwürdig und überzeugend in der Familie vertritt:

  • Einfühlungsvermögen und Fairness sind Voraussetzung für einen vertrauensvollen Umgang mit und innerhalb der Familie.
  • Ein konstruktiver Umgang mit Krisen, Schwächen und Fehlern hilft, schwierige Situationen gemeinsam durchzustehen und Einzelne nicht auszugrenzen. Dies stärkt die Gemeinschaft innerhalb der Unternehmerfamilie.
  • Anforderungen an die Familienmitglieder, die sich aus der Situation des Unternehmens ergeben, zu erläutern und nicht als gegeben vorauszusetzen, erhöht die Identifikation mit dem Familienunternehmen.
  • Das Familienunternehmen steht bei wachsendem Gesellschafterkreis nicht mehr im Mittelpunkt des Lebens aller Mitgesellschafter – diese Unterschiedlich- keit sichtbar zu machen, erhöht das Verständnis der Gesellschafter füreinander. Der Umgang mit den unterschiedlichen Lebenskonzepten erfordert Respekt und Toleranz.
  • Besondere Leistungen von Familienmitgliedern für die Familie sollten Anerkennung finden und zur Nachahmung motivieren.
  • Eine wertschätzende Kommunikation trägt dazu bei, dass sich Familienmitglieder im Gesellschafterkreis wohlfühlen.
    Darüber hinaus sollte der Familienmanager zeitlich und örtli
    ch den von ihm geforderten Einsatz bringen können. Ein Familienmitglied zu wählen, das in einer deutlich anderen Zeitzone als die Mehrzahl der Gesellschafter lebt, macht in der Regel genauso wenig Sinn wie die Wahl eines Familienmitglieds, das hauptberuflich als Arzt Tag und Nacht im Operationssaal steht.

f) Anforderungsprofil im Familienrat
In einem Familienrat18 sollten sich Familienmitglieder mit verschiedenen Profilen wiederfinden und ergänzen. Als eine besondere fachliche Kompetenz empfiehlt es sich, hier auf die Fähigkeit zur Arbeit im Team zu achten.

 

V. Wahl und Vergütung des Familienmanagers


1. Wahl

Der Familienmanager bzw. die Mitglieder eines Familienrats sollten durch die Gesellschafterversammlung gewählt werden.

Auch hier gilt: Je umfangreicher die Aufgaben des Familienmanagers sind, je bedeutender also seine Rolle im Familienunternehmen ist, desto strukturierter sollte der der Wahl vorhergehende Auswahlprozess für diese Aufgabe sein. Das Vertrauen der Gesellschafter erhält der Familienmanager nur, wenn dabei die Regeln eines fairen und für alle transparenten Prozesses eingehalten werden.

Ob bei der Wahl eines Familienmanagers der Proporz in den Stämmen eine Rolle spielen soll, hängt vom Einzelfall ab. Es mag zum Beispiel vordergründig Sinn machen, einen Vertreter eines Stammes zum Familienmanager zu wählen, wenn der andere Stamm den geschäftsführenden Gesellschafter stellt. In der Praxis erweist sich aber gerade diese Vorgehensweise als problematisch, wenn der dann zur Wahl stehende Gesellschafter nicht über die fachlichen und persönlichen Qualifikationen für dieses Amt verfügt. Im Familienrat macht dagegen die Abbildung der Familienstämme in der Regel Sinn.

 

2. Vergütung

Das Amt des Familienmanagers als Ehrenamt anzusehen, ist nicht angemessen, wenn die Familie den hier empfohlenen Anspruch an Professionalität stellt. Die Ausübung dieses Amts sollte daher auch berufsüblich honoriert werden.19 Die Vergütung des Familienmanagers oder der Mitglieder eines Familienrats orientiert sich an der Vergütung eines Beirats und hängt vom Umfang der ihm übertragenen Auf- gaben sowie dem dafür benötigten Zeitaufwand ab.20

 

VI. Fazit

Die Familie als Inhaberin des Unternehmens „gut zu managen“, gilt neben der Führung und Kontrolle des Unternehmens als eine der zentralen Aufgaben im Familienunternehmen. Nur eine gut gemanagte Familie kann auf lange Sicht den Anforderungen an eine professionelle Inhaberschaft gerecht werden. Diese Rolle kann und sollte vor allem mit steigendem Gesellschafterkreis durch einen Familienmanager oder einen Familienrat ausgefüllt werden.

 

1 „Familienmanager“ im Sinne dieses Beitrags ist derjenige, der im Familienunternehmen die Familie führt, nicht – wie teilweise in der Literatur zu finden, z.B. Klein (Rau), Familienunternehmen, 3. Aufl. 2010,
S. 239 ff., – eine Führungskraft der oberen Leitungsebene, die aus der Unternehmerfamilie stammt.
2 Der besseren Verständlichkeit und Lesefreundlichkeit halber wird im Text das generische Maskulinum verwendet, das Frauen gleichermaßen einschließt.
3 Ein ähnliches Bild verwenden Astrachan/Pieper, Mit Familienunternehmen arbeiten – Typische Szenarien und Interventionsvorschläge, Familiendynamik 1/2010, S. 4, 7, die von einem Familienmitglied sprechen,
„für das die Familie sorgen muss“.
4 Ein Beispiel, wie dies gelingen kann, beschreibt Chatelain in: Koeberle-Schmid/Grottel, S. 133 f., sowie im Beitrag „Ich war immer das Enfant terrible“ in diesem Kapitel.
5 Brockhoff/Koeberle-Schmid, Mit Familienrat, Gesellschafterausschuss oder Familienmanager die Familie orga- nisieren, in Koeberle-Schmid/Fahrion/Witt (Hrsg.), Family Business Governance, Erich Schmidt Verlag, 2. Aufl. 2012, S. 325, 339.
6 Chatelain, Der Familienmanager ist dazu da, den familiären Zusammenhalt zu stärken, in Koeberle-Schmid/ Grottel (Hrsg.), Führung von Familienunternehmen, Erich Schmidt Verlag, 2013, S. 133.
7 Vgl. zu den Aufgaben des Familienmanagers auch die Ausführungen bei Brockhoff/Koeberle-Schmid, S. 325, 332 ff.
8 Dies betont auch Koeberle-Schmid, Mit Familienrat und Familienmanager die Familie führen, in Koeberle-Schmid/Grottel (Hrsg.), Führung von Familienunternehmen, 2013, S. 135, 140 f.
9 Ausführlich zum Familienrat: Koeberle-Schmid, S. 135, 138 f.
10 Chatelain, S. 133.
11 Vgl. auch Koeberle-Schmid, S. 135, 140 f.
12 Dies betont insbesondere Kormann, Zusammenhalt in der Unternehmerfamilie, 2011, S. 298 ff.
13 Das Thema Kommunikation wird in Deutschland bislang leider in Schule und Studium vernachlässigt, Kenntnisse hierzu lassen sich aber in Fortbildungen und Seminaren erwerben. Derartige Zusatzqualifikati- onen zu erwerben nutzt letztendlich der Familie und dem Familienmanager persönlich.
14 Zum bewussten Umgang mit Konflikten im Familienunternehmen: Von Schlippe/Kellermann, Mit Konflikten in der Unternehmerfamilie bewusst umgehen, in Koeberle-Schmid/Grottel (Hrsg.), Führung von Familienunternehmen 2013, Erich Schmidt Verlag, S. 189 ff.
15 Dies betonen auch von Schlippe und Kellermann, S. 135, 195.
16 Koeberle-Schmid, S. 135, 140.
17 Für Mitglieder des Familienrats allgemein: Koeberle-Schmid, S. 135, 141; allgemein zur Qualifikation für Ämter, die von Familienmitgliedern wahrgenommen werden, Kormann, S. 298 ff.
18 Ausführlich zum Familienrat: Koeberle-Schmid, S. 135, 140 f.
19 So auch Kormann, S. 301 f., der die Vor- und Nachteile, dieses Amt als Ehrenamt auszugestalten, abwägt
20 Koeberle-Schmid, S. 135, 141 f.

 

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in: Peter May und Peter Bartels (Hrsg.), Governance im Familienunternehmen, Bundesanzeiger Verlag 2017