Familienunternehmen könn(t)en mehr

Im Einführungsbeitrag zur Ende 2020 veröffentlichten Neuauflage des Lexikons der deutschen Familienunternehmen erläutern Dr. Karin Ebel und Dr. Matthias Händle warum neue Wege für den Nachfolgeprozess in Familienunternehmen notwendig sind und wie sie aussehen könnten.

Karin Ebel und Matthias Händle

 

Unabhängigkeit ist eines der wesentlichen Kennzeichen von Familienunternehmen. Größtmögliche Entscheidungsfreiheit erlaubt es den Beteiligten zum Beispiel, auf kurzen und schnellen Beschlusswegen über neue Geschäftsmodelle oder den Schutz des Unternehmensstandortes zu entscheiden. Diese Fähigkeit, sehr zeitnah auf neue Rahmenbedingungen zu reagieren, unter scheidet Familienunternehmen von anderen Unternehmensformen und kann ein großer Wettbewerbsvorteil sein. Gestaltungsspielräume ermöglichen es einer Inhabergeschäftsführung aber nicht nur, im operativen Geschäft andere Wege zu gehen und eigene Überzeugungen besser umzusetzen, sie können und sollten auch bei inhaberstrategischen Entscheidungen genutzt werden.

Wir zeigen am Beispiel des Nachfolgeprozesses auf, wie Inhaberfamilien Gestaltungsspielräume nutzen und besonders bei der Gewinnung von Frauen für Führungspositionen neue Wege gehen können. Natürlich meinen wir Männer und Frauen, wenn wir vom „Nachfolger“ oder „Geschäftsführer“ sprechen.

Der Nachfolgeprozess – ein Wandel im Denken?

Schon vor der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung in vielen Familienunternehmen einen Wandel des Geschäftsmodells nötig gemacht und traditionelle Branchen vor große Herausforderungen gestellt. Parallel dazu stellt sich für viele Inhaberfamilien die Frage, ob die bisher geltenden Grundsätze für den Nachfolgeprozess im Unternehmen noch zukunftsfähig sind. In der Regel werden von einem Nachfolgekandidaten aus der eine entsprechende fachliche Qualifikation, also eine Ausbildung oder ein Studium in für die zukünftige Tätigkeit relevanten Bereichen verlangt. Viele Familien machen auch eine nachgewiesene mehrjährige externe Erfahrung zur Bedingung für den Einstieg in das operative Geschäft des eigenen Unternehmens.

Für den Nachfolgeprozess, der einem solchen Modell folgt, gab und gibt es gute Gründe:

  • Die Tätigkeit in einem anderen Unternehmen führt zu einer objektiven Beurteilung des Nachfolgers durch Dritte, die für alle Beteiligten im Rahmen des Nachfolgeprozesses hilfreich und wegweisend ist.
  • Der Nachfolger lernt andere Geschäftsmodelle, Führung und Handwerkszeug für seine zukünftige Rolle kennen. So kann er neuen Input in das eigene Unternehmen bringen und Bewährtes auf den Prüfstand stellen.
  • Erste Erfolge außerhalb des eigenen Unternehmens stärken das Selbstbewusstsein und machen den Weg ins Familienunternehmen zu einer bewussten Entscheidung. Denn der Nachfolger sieht, dass er auch außerhalb des eigenen Unternehmens interessante Chancen hat.
  • Und schließlich steht der Nachfolger nicht von Tag eins an unter der Beobachtung der Mit arbeitenden, die er später selber führen soll.

 

In der Vergangenheit hat dieses Vorgehen oft eine gute Basis für einen erfolgreichen Nachfolgeprozess geschaffen. Und aus unserer Sicht wird es auch in Zukunft Familienunternehmen geben, in denen eine nach diesem Muster geplante und durchgeführte Nachfolge zu einem erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens beiträgt.

Doch was ist mit all den Branchen und Geschäftsmodellen, die sich derzeit in einem jähen Wandel befinden? Mit Unternehmen, die sich für die Zukunft neu aufstellen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Kann auch in diesen Fällen die Erfahrung in einem anderen Unternehmen dieselbe Bedeutung für den Nachfolgeprozess haben wie bisher?

Wenn der externe Karrierestart keine Option ist

Wir glauben, dass auch Nachfolgeprozesse neu gedacht werden müssen. Dabei bleibt die Qualifikation des Kandidaten weiterhin das entscheidende Kriterium. Denn er muss fachlich und persönlich in der Lage sein, das Unternehmen zu führen. Und zur persönlichen Qualifikation gehört auch, die eigene Familie auf Dauer hinter sich zu haben. Aber wie weist ein Kandidat die persönliche und fachliche Qualifikation zur Nachfolge nach, wenn sie nicht durch eine mehrjährige externe Tätigkeit belegt werden kann?

In diesem Fall muss der Nachfolgeprozess neu geplant werden, und es gilt folgende Fragen zu klären:

  • Kann ein Nachfolger die im Rahmen einer mehrjährigen externen Tätigkeit gemachten Erfahrungen überhaupt für die zukünftige Führung des eigenen Unternehmens einsetzen? Oder ist das eigene Geschäftsmodell neu beziehungsweise einzigartig?
  • Besteht überhaupt eine reelle Chance auf eine Festanstellung in einem anderen Unternehmen, die einen Mehrwert für die zukünftige Tätigkeit im Familienunternehmen und damit für den Nachfolgeprozess bringt?
  • Wie kann ohne den extern erbrachten Beweis sichergestellt werden, dass der Nachfolger das Potenzial für die Führung des Unternehmens hat und auch erfolgreich einsetzen kann?
  • Und was tun, wenn die Nachfolge nicht funktioniert? Wie kann der Nachfolger, die Familie und das Unternehmen geschützt und wie können ernsthafte Konflikte vermieden werden?


Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Beobachtung, dass eine adäquate Stelle außerhalb des Familienunternehmens schwer zu bekommen ist. Oft passt die Tätigkeit inhaltlich nicht im Hinblick auf die zukünftige Führungsrolle im eigenen Unternehmen. Zum Beispiel wenn das Unternehmen gerade neue Geschäftsmodelle entwickelt oder interne Prozesse vollständig umgestellt hat. Dabei kommt es natürlich auf den Bereich an, in dem der Nachfolger später tätig sein möchte. Für ein technikgetriebenes Unternehmen, das einen Geschäftsführer mit technischem Verständnis braucht, ist diese Frage vielleicht anders zu beantworten als für eine Nachfolgeposition mit dem Schwerpunkt im Bereich Finanzen und Controlling. Entscheidend ist die Überlegung: Was kann ein Nachfolger fachlich aus der Erfahrung in einem anderen Unternehmen ins eigene Familienunternehmen transportieren?

Außerdem haben junge Menschen aus Unternehmerfamilien bei der Suche nach einer Aufgabe in anderen Unternehmen noch mit einem weiteren Hindernis zu kämpfen: Häufig wird ein potenzieller Nachfolger – insbesondere als Namensträger – mit Blick auf seine unternehmerische und familiäre Zugehörigkeit und dem damit verbundenen hohen Risiko des baldigen Wechsels ins eigene Unternehmen nicht angestellt.

Wie also wird der Nachfolger fachlich auf seine zukünftige Tätigkeit vorbereitet, wenn keine ersten Erfahrungen in anderen Unternehmen gesammelt werden können? In diesem Fall kann ein Nachfolgeprozess gewählt werden, der nicht auf die nachgewiesene Erfahrung des Kandidaten setzt, sondern auf sein Potenzial. Dabei ist es aber äußerst wichtig, die ersten operativen Schritte im eigenen Unternehmen sehr genau zu planen und von vornherein festzulegen, wie der Nachfolger ausreichend unterstützt wird. Außerdem ist es unabdingbar, vorab zu klären, wie der Nachfolgeprozess beendet wird, wenn er keinen Erfolg verspricht.

Um den Nachfolger bestmöglich zu unterstützen, sollte ihm ein Coach oder Mentor zur Seite gestellt werden, der ihn auf dem Weg zur Spitze inhaltlich und persönlich begleitet. Dies kann ein Beiratsmitglied oder ein externer Mentor sein, der mit den Aufgaben und der Rolle eines Geschäftsführers vertraut ist und sowohl strategische als auch operative Unterstützung bietet. Auch sollte darauf geachtet werden, dass der Nachfolger seine ersten Schritte im eigenen Unternehmen unbelastet gehen kann. So bieten sich unter anderem eigene Projekte an, wie zum Beispiel der Aufbau einer ausländischen Tochtergesellschaft oder die Einbindung in ein wesentliches Projekt (zum Beispiel der Neubau eines Werkes). Der Vorteil eines abgrenzbaren Projektes als Einstieg ist, dass der Nachfolger nach dessen Abschluss das Unternehmen ohne wesentlichen Gesichtsverlust wieder verlassen kann.

In jedem Fall sollten vorab Gründe und Bedingungen für die Beendigung des Nachfolgeprozesses für alle Beteiligten definiert werden. Denn nur wenn Erwartungen und die Bewertungskriterien für eine gelungene Nachfolge konkret benannt wurden, können Erfolge festgehalten und laufend überprüft werden. Nur dann ist für den Kandidaten klar, auf was er sich einlässt. Und dass das Risiko für den potenziellen Nachfolger beim Einstieg in das eigene Unternehmen direkt nach dem Studium groß ist, ist offensichtlich. Sollte die Nachfolge nicht funktionieren, wird die erste Frage in einem Bewerbungsgespräch immer lauten: „Warum sind Sie nicht im eigenen Unternehmen geblieben?“

Auch die Nachfolge im Beirat erfordert einen strukturierten Prozess

Unsere Ausführungen über mögliche neue Wege des Nachfolgeprozesses betreffen nicht nur die Übergabe der operativen Führung. Die Nachfolge im Beirat ist ebenso sorgfältig zu regeln. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Familien sich zunehmend auf die strategische Führung des Unternehmens konzentrieren und keine Positionen im operativen Geschäft besetzen. Deshalb ist es wichtig, auch die Beiratspositionen, die für die Inhaberfamilie eine zentrale Bedeutung haben, in einen strukturierten Nachfolgeprozess einzubeziehen. Kandidaten für diese Positionen sollten fachlich und persönlich begleitet und auf ihre Rolle als zukünftiges Beiratsmitglied bestmöglich vorbereitet werden. Dies kann zum Beispiel durch eine regelmäßige Teilnahme als Gast der Beiratssitzung flankiert werden. Bei größeren Familien ist besonders darauf zu achten, dass es einen fairen Nachfolgeprozess für den Beirat gibt und eine klare Regelung vorliegt, wer wann als Gast an der Beiratssitzung teilnehmen kann. Dabei ist zu gewährleisten, dass die Arbeit des Beirats durch die Gäste nicht beeinträchtigt wird.

Egal ob es um die operative Führung oder das Aufsichtsgremium geht: Wir glauben, dass Familienunternehmen es sich leisten können und müssen, die Nachfolge aktiv und individuell zu gestalten. Nachfolge ist nicht nur auf den Übergabezeitpunkt zu reduzieren – sie ist ein langjähriger Prozess, der eventuell immer wieder angepasst werden muss. Familienunternehmen haben den Gestaltungsspielraum und die Freiheit, ihr eigenes Modell zu wählen, und sollten dies nutzen.

Chancen für Frauen in Familienunternehmen

Im Juni 2020 hat die deutsch-schwedische AllBright-Stiftung die Frauenquote in der Führungsspitze der 100 größten deutschen Familienunternehmen analysiert. Das Ergebnis ist bemerkenswert. Zwar bezeichnen sich fast alle erfolgreichen Familienunternehmer als weltoffen, liberal und in keinem Fall frauenfeindlich. Dennoch kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass der Frauenanteil in der Geschäftsführung dieser 100 Familienunternehmen bei lediglich 6,9 Prozent liegt und damit noch geringer ist als bei den im DAX notierten Unternehmen, die es auch nur auf 15 Prozent bringen. Bei den Familienunternehmen, die sich zu 100 Prozent in Familienbesitz befinden, ist der Wert mit 4,8 Prozent sogar noch einmal rund zwei Prozentpunkte geringer.

Diese Ergebnisse verwundern, insbesondere vor dem Hintergrund, dass heute die Universitäten nicht nur in den wirtschaftswissenschaftlichen und juristischen Fakultäten, sondern auch zunehmend bei IT- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen steigende Frauenquoten aufweisen. In diesen Fächern stellen junge Frauen heute immerhin rund ein Viertel der Studierenden. Wie kommt es dann, dass es einen so geringen Anteil von Frauen in der Führung von Familienunternehmen gibt?

Zuweilen hört man die These, dass Frauen kein Unternehmer-Gen haben. Auch wenn einem sofort bekannte weibliche Unternehmerpersönlichkeiten wie Maria-Elisabeth Schaeffler, Liz Mohn oder Susanne Klatten einfallen, muss man doch feststellen, dass seit Jahren die Gründer von Unternehmen nur in 40 Prozent der Fälle weiblich sind. Dies rechtfertigt aber keinesfalls einen Wert von weniger als sieben Prozent weiblicher Geschäftsführungsmitglieder in Familienunternehmen.

Alle bisher durchgeführten Befragungen und Untersuchungen bestätigen, dass gemischte Geschäftsführungsteams bessere Resultate erbringen. Daher gehen wir nicht davon aus, dass man einer Tochter aufgrund ihres Geschlechtes den Weg ins Familienunter nehmen verwehren würde. Wir möchten uns an dieser Stelle aber nicht mit der psychologischen Aufarbeitung dieses Phänomens beschäftigen. Auch Thesen, die besagen, dass die rebellierenden Männer die Karriere von Frauen bekämpfen, möchten wir in Bezug auf Familienunternehmen an dieser Stelle vernachlässigen.

Bei der Suche nach den Ursachen für den geringen Frauenanteil in der Führung von Familien unternehmen stoßen wir auf diese Probleme:

  • Die immer noch schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie bleibt ein Problem von Müttern – nicht von Vätern.
  • Wenn Männer eine Familie dominieren, setzt sich das auch in der Unternehmenskultur fort.
  • Frauen in Führungspositionen werden zu wenig gefördert und zu selten ermutigt, in der Unternehmenshierarchie weiter aufzusteigen.


Der Generationswechsel im Familienunternehmen und damit auch der Führungsanspruch sind keine Bringschuld, sondern vielmehr Holschuld. Und die Herausforderung, in die Führung eines (möglicherweise bisher männerdominierten) Unternehmens vorzudringen, ist für jeden Nachfolger groß. Aber ist es schwieriger für eine Tochter als für einen Sohn? Vielleicht schon. Trotzdem sind wir der Meinung, dass dies kein Hinderungsgrund sein darf. Wir müssen junge Frauen ermutigen, fordern und fördern, sich dieser spannenden Aufgabe zu stellen. Sich für die Aufgabe zu empfehlen, liegt zwar immer bei der Person selbst. Aber es sollte vermieden werden, einer jungen Frau den Aufstieg durch nicht mehr zeitgemäße Forderungen unnötig zu erschweren, etwa durch die Wahl, entweder Kinder zu haben oder eine Führungsrolle im Unternehmen zu bekleiden.

Sind Führungsrolle und Familie vereinbar? Wenn nicht im Familienunternehmen – wo dann? Der so oft zitierte Drittvergleich – also die Forderung, dass ein Kandidat aus der Familie immer die gleichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen muss wie ein externer – hat dazu geführt, dass manche junge Unternehmerin lieber ein eigenes Unternehmen gründet, als sich gegen Vorurteile und schlimmstenfalls durch ein nicht mehr zeitgemäßes Regelwerk zu kämpfen. Die bestehenden Regeln und Strukturen müssen deshalb immer wieder infrage gestellt werden. Zeigt uns nicht gerade die Corona-Pandemie, was alles möglich ist? Dass zum Beispiel auch die Geschäftsführung an einem Tag in der Woche aus dem Homeoffice arbeiten kann – für viele Nachfolger schien dies bis vor einigen Wochen noch unmöglich zu sein.

Vielleicht ist es nun endlich an der Zeit, einen Unternehmenskindergarten einzurichten oder für eine Notfallbetreuung zu sorgen. Es liegt an den Familienunternehmen selbst, die Besten für das Unternehmen zu begeistern – und das Schaffen attraktiver Rahmenbedingungen gehört dazu.

Den Einfluss der Aufsichtsgremien nicht unterschätzen

In Familienunternehmen kann auch was diese Themen anbelangt besonders aus dem Aufsichtsgremien heraus strategisch Einfluss genommen werden. Arbeit und Einfluss der Gremien hat sich in den vergangenen Jahren deutlich professionalisiert. Unternehmen, in denen lediglich zwei Sitzungen pro Jahr stattfinden, gibt es kaum noch. Nicht selten finden wöchentliche Meetings zwischen Geschäftsführung und Aufsichts- beziehungsweise Beiratsvorsitz statt. Hinzu kommen vier bis sechs jährliche Sitzungen des gesamten Gremiums. Diese Sitzungen wurden auch schon vor der Corona-Pandemie häufig als Videokonferenz durchgeführt, diese Tendenz verstärkt sich jetzt deutlich. Für Nachfolger bedeutet das eine zusätzliche örtliche Flexibilität. So können wir aus unserer Praxis von einigen sehr erfolgreichen Beispielen berichten, bei denen die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums ihren Hauptwohnort im europäischen Ausland hat und nicht am Unternehmenssitz. Auch wenn eine solche Konstellation sicher zunächst für Diskussionen sorgt, ist sie am Ende möglicherweise für alle Beteiligten – Unternehmen, Familie und Nachfolger(in) – die beste Lösung. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein solches Modell professionell vorbereitet werden muss und es möglicherweise zu Beginn arbeitsintensiver ist, Abläufe zu definieren. Andernfalls kann es schnell zu ungewollten, teils hoch emotionalen Problemen in der Familie und im Unternehmen kommen.

Obwohl die Ausübung des Familieneinflusses auf das Aufsichtsgremium vielleicht schon heute einfacher mit Aufgaben in der Familie zu vereinbaren ist, beträgt der Frauenanteil aber auch in Aufsichts- und Verwaltungsbeiräten laut der AllBright-Studie nur 26 Prozent. Der Grund dafür liegt unseres Erachtens nicht selten in dem Forderungskatalog für die Eignung der Gremiumsmitglieder. Hier kommt eine wesentliche Aufgabe auf Unternehmerfamilien zu, die Next Generation bereits frühzeitig auf ihre Aufgabe vorzubereiten beziehungsweise Interesse zu wecken.

Aktuell bleibt uns nur festzuhalten, dass der traditionelle Weg, sich zunächst in einem anderen Unternehmen zu bewähren, dann die Chance zu bekommen, ins eigene Unternehmen einzutreten, und erst nach einer weiteren Bewährungsprobe auch in ein Gremium einzuziehen, heute oft nicht mehr in die Lebenswirklichkeit passt. Die Konsequenzen dieser Erkenntnis können wir an den Statistiken ablesen. Wir brauchen individuelle Lösungen für junge Unternehmer(innen), mit dem Ziel, den Familieneinfluss auf Dauer in einer operativ-aktiven oder strategisch begleitenden Rolle sicherzustellen.

Konkrete Schritte zur Vorbereitung der Next Generation

Um potenzielle Nachfolger vorzubereiten, sollte jede Inhaberfamilie festlegen, wer wann als Gast an Aufsichts- oder Beiratssitzungen teilnehmen darf. Praktika bereits zur Schulzeit sollten für die Junioren genauso selbstverständlich sein wie eine Berichterstattung im Rahmen von Next Gen Days. Und allgemeine Gesellschafterschulungen zu Recht, Steuern und Finanzen – insbesondere für diejenigen, die keine betriebswirtschaftliche Ausbildung anstreben – sind ebenso wichtig wie speziell auf das Unternehmen hin ausgerichtete Schulungen.

In den letzten Jahren durften wir viele Junioren bei ihren Überlegungen und Schritten ins Unternehmen begleiten. So wichtig es dabei ist, konkrete Qualifikationen zu benennen, sollten diese aber die persönliche Entwicklung nicht einschränken. Nur weil der Vater BWL oder Maschinenbau studiert hat, heißt das nicht, dass dies die einzige sinnvolle Qualifikation für die Zukunft des Unternehmens darstellt. Wie heißt es so schön: Viele Wege führen nach Rom. Und auch wenn Zielstrebigkeit sicher ein guter Indikator sein kann, so kennen wir alle Unternehmer, die man eher als Spätzünder bezeichnen würde. Unternehmen sind heute komplexe Organisationen, und die Wirtschaftswelt hat sich noch nie so schnell verändert wie heute. Daher gilt es mehr denn je zu hinterfragen, ob der Nachfolger oder die Nachfolgerin geeignet ist, mit limitierten Informationen sicher durch den Nebel zu navigieren und dabei noch Freude am eigenen Tun zu behalten. Diese Fähigkeit kann man leider nicht an einer Universität lernen.

Familienunternehmen haben es selbst in der Hand

Wie der eigene Nachfolgeprozess geregelt wird und auf welche Art potenzielle Nachfolger aus der Familie gefördert werden, haben Inhaberfamilien selbst in der Hand. Sie können bei diesen Fragen ihre eigenen Maßstäbe setzen. Neben dem Vertrauen auf bewährte Modelle für die Nachfolge können und sollten sie sich für neue Wege öffnen. Und sie sollten das Potenzial weiblicher Nachfolgerinnen fördern und nicht unbeachtet lassen. Damit nicht nur das Unternehmen neue Weg in die Zukunft gehen kann – sondern auch die Inhaberfamilie.