Antworten auf die 10 wichtigsten Fragen zur Mediation in Unternehmerfamilien

Konflikte gehören zum menschlichen Miteinander dazu. Aber wenn Konflikte in Inhaberfamilien entstehen, gerät schnell das komplexe Geflecht aus Familie und Unternehmen als Ganzes in Gefahr. Karin May erklärt, wie Mediation helfen kann, mit Konflikten umzugehen.

Karin May

 

 

Konflikte gehören zum menschlichen Miteinander dazu. Wenn aus einem Konflikt aber ein ernsthafter Streit wird, können Beziehungen schnell beschädigt oder zerstört werden. Und wenn Konflikte in Inhaberfamilien entstehen, gerät schnell das komplexe Geflecht aus Familie und Unternehmen als Ganzes in Gefahr. Dann ist es wichtig, zu deeskalieren und den streitenden Parteien wieder eine gemeinsame Perspektive zu geben. Eine Mediation bietet in diesem Fall die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen, und zwar mit dem Ziel, Lösungen für die Zukunft zu entwickeln, die ein gemeinsames Miteinander (wieder) möglich machen. Ein erster Schritt ist immer schon getan, wenn sich die Parteien „am runden Tisch“ treffen und moderiert ihre Themen ansprechen.

Die sichtbaren Konflikte sind oft nur die Spitze eines Eisberges. Besonders in Unternehmerfamilien stehen regelmäßig umfassendere Themen im Hintergrund, die häufig sowohl die Sphäre des Unternehmens als auch die der Familie betreffen. Ergebnis einer Mediation kann auch sein, dass die Familie sich diesen weitergehenden Themen im Unternehmen oder in der Familie stellen will.

In Familien mit ungelösten Konflikten beobachten wir häufig Hemmschwellen, die Konfliktlösung mithilfe einer Mediation anzugehen. Ich würde mich freuen, wenn ich durch die Antworten auf wesentliche Fragen zum Mediationsprozess diese Hemmschwellen abbauen und Inhaberfamilien ermutigen kann, sich einem Konflikt oder auch schon einer sich anbahnenden Konfliktsituation professionell zu stellen.

 

1. Was kann Mediation im Fall eines Konflikts leisten?

Mithilfe einer Mediation sind wir in der Lage, einen konkreten Konflikt innerhalb der Unternehmerfamilie oder auch zwischen einzelnen Familienmitgliedern aufzulösen. Ziel sollte es sein, den Familienfrieden zu stabilisieren und dabei gemeinsam zu schauen, welche „Mängel im System“ den Konflikt ausgelöst haben.

In einem laufenden Prozess jedweder Art lässt sich mithilfe einer Mediation in einem Parallelprozess auch ein Störungsfeld beseitigen, das nur einen Teil der Familie betrifft. So können wir etwa begleitend zu einer Inhaberstrategie oder einer Nachfolgebegleitung Konflikte zwischen einzelnen Gesellschaftern lösen.

 

2. Was kann Mediation nicht leisten?

Eine Mediation ist kein Ersatz für eine familientherapeutische Arbeit. Wir beschäftigen uns im Rahmen des Prozesses allerdings mit den Mustern im System Familie, die einen Konflikt begünstigt haben. Darüber zu sprechen und Ansätze für Änderungen im Umgang miteinander zu erarbeiten ist Teil der Auseinandersetzung mit dem Konfliktthema. Insofern ist der Weg das Ziel. Im Kern geht es bei der Mediation aber um die Suche nach einer tragfähigen Lösung für die Zukunft.

 

3. Wo liegen die Grenzen der Mediation?

Mediation braucht selbstverantwortliche und reflektierte Teilnehmer. Alle Beteiligten müssen willens und in der Lage sein, an der Lösung des Problems mitzuarbeiten. Neben der Lösungsbereitschaft erfordert die Mediation eine gewissen Ergebnisoffenheit, nur so lässt sich das Fenster in Richtung guter Kompromisse öffnen.

Besonders in der Begleitung von Unternehmerfamilien benötigt Mediation Fachkompetenz auf Seiten des Mediators, da die Probleme nicht selten auf der komplexen Sachebene liegen. Was hilft zum Beispiel eine vermeintlich gute Lösung, mit der alle glücklich sind, die aber aus Gründen des Steuerrechts nicht umsetzbar ist? Daher bewährt sich oft eine Co-Moderation mit Kollegen wie Juristen oder Steuerexperten, die Fachkompetenz zum strittigen Thema mitbringen.

 

4. Wann ist Mediation das richtige Instrument?

Mediation ist ein strukturiertes Verfahren zur Beilegung eines Konfliktes. Der Mediator trifft dabei – anders als etwa ein Schiedsrichter – keine Entscheidungen. Er erarbeitet vielmehr mit den Beteiligten gemeinsam Lösungen, die von allen getragen und umgesetzt werden können. Ist ein Konflikt so hoch eskaliert, dass die Beteiligten nicht mehr die erforderliche Lösungsbereitschaft mitbringen, scheidet Mediation deshalb als Möglichkeit der Konfliktbeilegung aus.

 

5. Was hält Unternehmerfamilien davon ab, im Konfliktfall den Weg der Mediation zu wählen?

Oft begegnet uns die Angst der Familienmitglieder, durch offenes Ansprechen strittiger Punkte einen bestehenden Konflikt zu verschärfen. Daher versuchen viele Familien, die bestehenden Probleme „unter den Tisch zu kehren“. Erfahrungsgemäß erreichen sie damit leider das Gegenteil: Der „Druck im System“ wird immer größer und die Lösungsbereitschaft der Beteiligten sinkt ebenso wie die Möglichkeit, ein sachlich vernünftiges Ergebnis zu erzielen. Die positive Nachricht an dieser Stelle: Im Laufe eines Mediationsprozesses empfinden viele Teilnehmer das Aussprechen von schwierigen Themen unter der Führung eines Mediators als Erleichterung und stellen fest, dass dies den Umgang miteinander verbessert.

 

6. Was sind die schlagkräftigsten Argumente für eine Mediation?

Seit der Begründung der Mediation als Instrument der Streitbeilegung gibt es ein zwingendes Argument, im Konfliktfall den Weg einer Mediation zu wählen: Der Prozess der Mediation ist günstiger als eine streitige Konfliktlösung. Die Beteiligten kommen gemeinsam zu einem Ergebnis, lange Jahre der Prozessführung sind nicht erforderlich, die Kosten eines gemeinsam gewählten Mediators stehen in keinem Verhältnis zu denen der streitigen Anwälte und eventueller Gerichtskosten.

Auf der zwischenmenschlichen Ebene ermöglicht ein Mediationsverfahren, dass die Parteien ihre Beziehung aufrechterhalten, wenn nicht gar verbessern. Dies kann gerade in Familienunternehmen ein existentieller Vorteil sein.

 

7. Wie überzeuge ich einzelne Konfliktparteien davon, dass eine Mediation der richtige Weg sein könnte?

Der einfachste Weg ist der Vorschlag zu einem gemeinsamen ersten Kennenlern-Gespräch mit einem Mediator/einer Mediatorin. Hilfreich sind oft dem eigentlichen Prozess vorausgehende Einzelgespräche mit allen Parteien. Sie können Sinn machen, weil damit jeder am Konflikt Beteiligte die Chance hat, dem Mediator/der Mediatorin seine persönlichen Fragen zu stellen.

 

8. Wie läuft eine Mediation im klassischen Sinn ab?

Der Prozess der Mediation läuft nach einer festgelegten Struktur ab, die ich an dieser Stelle nur kurz skizzieren möchte. Die Erfahrung zeigt, dass die Parteien zu Beginn ein wenig Geduld und Vertrauen in den Prozess aufbringen müssen – durch gründliche Arbeit in den ersten Phasen entsteht die Grundlage für gute Lösungen am Ende.

Im ersten Schritt erläutern die Parteien aus ihrer persönlichen Sicht den konkreten Sachverhalt, der dem Konflikt zugrunde liegt. Auf dieser Grundlage wird gemeinsam das Thema der Mediation benannt. Danach werden Spielregeln für die Kommunikation im Prozess vereinbart, die jedem helfen können, weitere Verletzungen zu vermeiden.

Kern der Mediation ist die anschließende Frage nach den Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten, die hinter den im Konflikt benannten Positionen stehen. Als hilfreich erweist es sich oft, wenn sich die Beteiligten dann darüber Gedanken machen, wann eine Lösung des Konflikts aus ihrer Sicht fair und gerecht wäre.

Schließlich suchen alle gemeinsam nach Optionen, wie eine mögliche Lösung aussehen könnte. Erst im Anschluss an diesen Schritt bewerten und „verhandeln“ die Parteien die genannten Optionen.

Zum Abschluss wird ein gemeinsames Ergebnis formuliert und unterschrieben. Ein letzter Schritt sollte die Kommunikation des Ergebnisses nach außen sowie die Frage der Umsetzung der getroffenen Entscheidungen sein. Dies hilft den Parteien in der Regel, einstimmig und klar nach außen zu treten und damit weitere Konfliktfelder zu vermeiden.

 

9. Was sind die wichtigsten Prinzipien der Mediation?

Eine Mediation hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Mediator/die Mediatorin neutral gegenüber allen Parteien ist. Äquidistanz und Begegnung aller Beteiligten auf Augenhöhe sind die Basis für einen respektvollen Umgang miteinander.

Der Mediator/die Mediatorin wahrt nach außen die Vertraulichkeit über den Prozess. Bei Einzelgesprächen muss die Kommunikation mit den anderen Parteien auf die Punkte beschränkt werden, die mit der jeweiligen einzelnen Person abgestimmt sind.

Wichtig gerade bei Mediationen in Familienunternehmen ist, dass alle am Prozess Beteiligten mehr oder weniger über die gleichen Informationen verfügen, um auf Augenhöhe miteinander verhandeln zu können.

 

10. Was sagen unsere Mandanten zur Mediation?

Kernaussage unserer Mandanten ist „Geht die Konflikte an; traut Euch, bevor das Klima in der Familie völlig zerstört ist!“. Die Erfahrung zeigt, dass die wertschätzende Kommunikation über Sachthemen während des Mediationsprozesses weit über den Prozess hinaus das Miteinander in der Unternehmerfamilie prägen kann. Der Umgang miteinander auf Augenhöhe vermeidet dann die Entstehung weiterer Konflikte.  

 

In diesem Sinne möchte ich Ihnen Mut machen, sich zu trauen, die gemeinsame Lösung bestehender Konflikte anzugehen, solange diese noch relativ klein sind.

 

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